Mass Effect: Auch 2021 noch der Science-Fiction RPG Knaller?

Mass Effect: Auch 2021 noch der Science-Fiction RPG Knaller?

13 Jahre und 2 ½ Konsolengenerationen ist es her, als der erste Mass Effect Teil das Licht der Spielewelt erblickte, und quasi in Überlichtgeschwindigkeit die Herzen der Science-Fiction-RPG-Fans eroberte. Seit November 2020 ist klar, die Reise im Mass Effect Universum wird weitergehen und schon im Frühjahr 2021 erwartet uns eine grafisch generalüberholte Legendary Edition der originalen Mass Effect Trilogie inkl. aller DLCs. Grund genug für mich, die Original Trilogie wieder aus dem Schrank zu holen und gemeinsam mit Shepard in der SSV Normandy durch die Milchstraße zu düsen.

Begleitet mich auf meiner erneuten Reise durch das Mass Effect Universum. Wie wird die Reise sein, nach so langer Zeit? Zeit, in der sich so viel, gerade technisch und grafisch, getan hat. Wird es ein holpriger Ritt, oder ein warmes, emotionales „Welcome Home“? Eignet sich das Spiel heute nur noch zur Nostalgie, oder ist es immer noch für Neulinge zu empfehlen?

Für alle, die tatsächlich noch nichts über das Science-Fiction Spiel „Mass Effect“ wissen, hier ein paar wesentliche Fakten:

  • Erscheinungsjahr des ersten Teils der Spielereihe: 2007
  • Bisher veröffentlichte Teile: 4 (die „Original“ Trilogie, auch „Reaper-Trilogie“ oder „Shepard-Trilogie“ genannt und „Mass Effect: Andromeda“)
  • Spiel-Genre: Action-Rollenspiel und Third-Person-Shooter
  • Der 4. Teil gilt als kontroversester Teil der Reihe, u.a. aufgrund seiner schlechten Gesichtsanimationen, seiner eher losen Verbindung zur Trilogie, scheinbaren Mängeln in der Story und der KI
  • Alle 4 Teile der Spielereihe sind aktuell gratis mit dem Xbox Game Pass spielbar
  • Geplante Neuauflage der Original Trilogie im Frühjahr 2021 als „Legendary Edition“ angekündigt
  • Aktuell in Entwicklung befindlicher 5. Teil der Spielereihe, der scheinbar wieder in der Milchstraße spielen könnte

Die Mass Effect Trilogie: Worum geht es eigentlich?

Wir schreiben das Jahr 2183. Reisen durch sog. Massenportale (Namensgeber für das Spiel Mass Effect) auf Überlichtgeschwindigkeit von einem Planetensystem zum anderen innerhalb der Milchstraße, ist für die Menschheit zur neuen Normalität geworden. Auch wenn sie erst 35 Jahre zuvor die dafür notwendige außerirdische Technologie auf dem Mars entdeckt hat. Relikte einer längst ausgestorbenen, offensichtlich extrem hoch entwickelten Alienrasse: Den Protheanern. Wie es für uns Menschen üblich ist, expandieren wir sehr stark und sehr schnell und errichten überall in der Galaxie Kolonien. Dabei stießen wir natürlich nicht nur auf Gegenliebe, und so kam es dann 2157 zum Erstkontaktkrieg zwischen den Menschen und den Turianern, die erste lebende, außerirdische Spezies, die wir kennengelernt haben. Mit der Zeit erfuhren wir aber, dass es etliche weitere Spezies in der Milchstraße gibt und diese unter der Führung eines gemeinsamen, intergalaktischen Rats (dem sog. Citadel-Rat) in einem mehrheitlich friedlichen Bündnis leben. Zu den einflussreichsten Spezies gehören die Turianer, Asari und Salarianer, die alle einen Sitz im besagten Citadel-Rat innehaben.

Die Turianer sind ein sehr stolzes Volk mit großer militärischer Stärke. Zu ihren Tugenden zählt, dass sie sich dem Allgemeinwohl ihres Volkes unterordnen, nicht lügen und immer zu ihren Entscheidungen stehen (egal ob sie sich als gut oder schlecht herausstellen). Die Asari sind eine rein weibliche Spezies, die sich durch extreme Langlebigkeit (über 1.000 Jahre), Weisheit, Weitsicht, Forscherdrang und einer angeborenen Neigung zur Biotik (eine seltene Fähigkeit durch Gehirnimpulse Masseneffektfelder zu erzeugen und dunkle Materie zu manipulieren) auszeichnen. Die Salarianer sind ein warmblütiges Amphibienvolk, das aufgrund ihres sehr schnellen Stoffwechsels eine nur geringe Lebenserwartung hat (ca. 40 Jahre), aber auch für ihre überragende Intelligenz und sehr schnelles, nicht lineares Denken bekannt sind. Sie nehmen oft die Rolle von Forschern, Wissenschaftlern und Spionen ein.

Die Menschen, als Neuankömmlinge, werden von den anderen, teilweise sehr viel fortschrittlicheren Spezies mit Misstrauen und Argwohn betrachtet. Ein Sitz im Citadel-Rat wird deshalb sofort ausgeschlossen, sowie bislang auch eine Mitgliedschaft in der Elite-Truppe der Spectres (Special Tactics and Reconnaissance) verwehrt. Letzteres sollte sich jedoch schnell ändern, als 2183 ein hochangesehener turianischer Elite-Soldat des Citadel-Rats (ein Spectre) abtrünnig wird, eine menschliche Kolonie fast vollständig auslöscht und offenbar in Kontakt mit einer bislang unbekannten, übermächtigen außerirdischen Spezies steht, die droht alles Leben in der Galaxis auszulöschen. Der Protagonist, der vom Spieler verkörpert wird, soll nun als erster Mensch als Spectre eingesetzt werden, um den abtrünnigen turianischen Spectre aufzuhalten und Informationen über die neue Bedrohung zu sammeln, damit das Undenkbare, die Vernichtung allen Lebens, abgewendet werden kann. Letztlich mündet natürlich alles in einem erbitterten intergalaktischen Krieg, bei dem einerseits die teilweise angespannten politischen Verflechtungen zwischen den verschiedenen Spezies überwunden und eine Reihe sehr schwerer Entscheidungen vom Spieler selbst getroffen werden müssen.

Unterstützt wird der Spieler bei seiner schier unlösbaren Aufgabe von einer gemischten Crew, bestehend aus vielen verschiedenen Spezies, die von Spiel-Teil zu Spiel-Teil erweitert und/oder ausgetauscht wird. Über die Spielzeit eines jeden Teils der Spielereihe hinweg, lernt der Spieler jeden einzelnen seiner Teammitglieder sehr genau kennen. Dadurch erhält jedes Teammitglied eine außerordentliche Lebendigkeit und jeder einzelne wächst einem ans Herz – der eine mehr, der andere weniger – aber verlieren will man keinen. Das verleiht Mass Effect eine sehr persönliche Tiefe, die ich zumindest bislang noch in keinem Spiel davor in dieser Form gesehen hatte.

Was macht Mass Effect zu diesem herausragenden RPG?

Mass Effect zählt seit einer gefühlten Ewigkeit zu meinen Lieblingsspielen, vor allem deswegen, weil das „World Building“ und das „Storytelling“ meiner Meinung nach einfach genial sind und bis heute ihres Gleichen suchen. Ich finde das, was BioWare hier erschaffen hat, kann ohne prahlen zu wollen mit Star Trek, Star Wars und Co. mithalten. Interessante, neue Alienrassen, mit viel Hintergrundgeschichte, eigenen, typischen Charaktereigenschaften und imposanter Optik zu erschaffen in einer Zeit, in der es im Grunde schon alles irgendwie gibt, ist wirklich eine Leistung. Nichts an der Story des Spiels und dessen Charakteren fühlt sich an, als hätte man es schon mal irgendwo gesehen. Es fühlt sich wirklich originell und eigenständig an. Und dabei greift alles organisch in einander – nichts wirkt aufgesetzt, gewollt, gezwungen oder unpassend. Es wirkt wie eine lebendige, eigene, in sich schlüssige und funktionierende, fiktive Welt. Ich liebe sowas. Eine Welt zum Eintauchen und darin versinken, zum Mitfiebern bis zum Schluss. Einfach toll.

Übrigens gehöre ich zu den wenigen Mass Effect Fans, die tatsächlich alle 4 Teile gezockt haben und den 4. Teil sogar mögen. Gut, die Gesichtsanimationen besonders des weiblichen Spielcharakters sind manchmal nur schwer zu ertragen, aber die Geschichte und die neuen, wunderschön inszenierten Welten trösten über jegliche Animationsfails hinweg. Was mich persönlich u.a. mehr stört, ist dass man irgendwie weniger mit der Crew zusammenwächst als in den Vorgängerteilen und dass die Quarianer komplett fehlen. Aber auch das stört mich nicht genug, um mir den Genuss am Spiel zu nehmen. Und trotzdem bleibt es leider auch für mich der mit Abstand schwächste Teil der gesamten Reihe.

Was die Trilogie einfach sehr viel besser macht, als der 4. Teil, ist die Detailverliebtheit der Spielwelt und die vielen tollen DLC und Storyerweiterungen, die beim 4. Teil leider komplett fehlten. Man merkt einfach, dass in der Trilogie von Anfang an sehr viel mehr Liebe steckt, als in Andromeda. Wenn man allein schon auf der Citadel umherschlendert, ohne Ziel, und in den Gängen merkwürdige Wesen entdeckt, die nichts anderes tun, als die Systeme der Citadel zu überprüfen und am Laufen zu halten (die Keeper), oder in einer Bar abhängt und ein kleines Pläuschchen mit einem Elcor hält. Das trägt alles zur Lebendigkeit der Spielwelt bei. Ok, optisch sehen die Welten von Andromeda richtig toll aus, da hat das Spiel viel zu bieten und die Story ist echt ok. Aber das reicht leider nicht, um mit der Erwartungshaltung aus der Trilogie Schrittzuhalten.

Die größte Stärke von Mass Effect sind die Charaktere, die zu Freunden, Mitstreitern, Geliebten, Waffenbrüdern, Verbündeten oder zu erbitterten Feinden wurden. Die Charaktere machen das Spiel zu einem emotionalen Erlebnis. Nur sehr wenige Spiele schaffen das in dieser Qualität und Intensität. Und wenn es ein Spiel in ähnlichem Maß oder gar besser schafft, dann ist es immer ein weithin gefeiertes Spiel von hochkarätigen Studios wie z.B. Red Dead Redemption (2010), Last of us (2013), Witcher 3 (2015). Stimmen die Charaktere, hat das Studio uns bei den Eiern.

Kann Mass Effect auch 2021 noch Spieler begeistern?

Natürlich weist besonders der erste Teil der Reihe aus heutiger Sicht Mängel in der Spielmechanik auf. Gerade die Quests mit dem Mako sind immer gleich aufgebaut und werden spätestens nach dem 5. Mal extrem öde. Auch die Shooter-Sequenzen haben hier und da ihre Schwächen. Außerdem ist die Steuerung ungelenk und hakelig im Vergleich zu den anderen Teilen, aber besonders zu aktuellen RPGs. Das stört schon sehr und könnte für Neueinsteiger den Spieleinstieg stark erschweren. Die vielen und langen Dialoge, die manchmal noch etwas hölzern wirken, können heutigen Standards leider auch nicht mehr standhalten. Grafisch kann es natürlich auch nur schwer mit aktuellen RPG Titel mithalten, das kann aber auch keiner nach 13 Jahren erwarten. Aber dennoch sehen die Gesichtsanimationen des ersten Mass Effect Teils von 2007 um Welten realistischer aus und transportieren viel besser Emotionen der Charaktere, als bei dem 2017 erschienenen Mass Effect: Andromeda, das ansonsten durch sehr schöne Landschaften glänzte. Also ganz so schlecht, ist die Grafik auch nach heutigen Maßstäben nicht. Wer Multiplayer-Action bevorzugt, wird bei Mass Effect meiner Meinung nach auch nicht wirklich fündig, es sei denn man mag sinnloses Gegnerschnetzeln, bei dem die Gegnerhorden die Spieler in mehreren Wellen überrennen und einfach nur niedergemäht werden müssen. Mir gefiel das überhaupt nicht.

Absolut zeitlos und über jegliche Zweifel erhaben bleibt jedoch einfach die gigantisch gute Story, die liebevoll ausgearbeiteten Charaktere und das lebendige, eigenständige Universum, in das sich alles organisch einfügt und eine perfekte Atmosphäre schafft.

Also wer wirklich noch kein Ausflug in die Milchstraße gewagt hat, sollte das unbedingt auch 2021 nachholen. Ansonsten verpasst man wirklich eine der besten Science-Fiction Geschichten, die uns ein Videospiel in den letzten Jahren bieten konnte. Wer bei Spielen allerdings sehr auf die Grafik achtet, dabei nur 4K Auflösung und am besten Raytracing etc. braucht, sollte aber besser auf die Legendary Edition warten. Nur diese soll, zumindest laut aktueller Berichterstattung, keine Modernisierung der Spielmechanik und der Steuerung vornehmen, sondern ausschließlich die Grafik verbessern. Wer sich also auch an solchen Dingen zu sehr stört, könnte es mit Mass Effect schwer haben, besonders was den ersten Teil der Reihe betrifft. Aber wer weiß, vllt. erhört BioWare unsere Gebete und die Generalüberholung betrifft doch mehr als gedacht. Meiner Meinung nach wäre das für den ersten Teil dringend notwendig, damit es auch 2021 für Neueinsteiger mit Genuss spielbar wird und sein volles Potential entfalten kann.

Noch ein kleiner Tipp zum Schluss: Wer nach diesem Artikel zwar angefixt ist wegen der Story und dem Universum, aber nicht unbedingt die Spiele zocken will, dem empfehle ich auf dem Youtube Kanal "Game Movie Entertainment" vorbeizuschauen. Da gibt es u.v.a. alle Mass Effect Teile als Film zusammengeschnitten. Das ist wirklich sehr gut gemacht. Quasi Let's-Play Videos als "Spiel-Filme", die aufwendig geschnitten wurden - ohne HUDs oder Inventar etc. Schaut da ruhig mal vorbei.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Eingeschränktes HTML

  • Zulässige HTML-Tags: <a href hreflang> <em> <strong> <cite> <blockquote cite> <code> <ul type> <ol start type> <li> <dl> <dt> <dd> <h2 id> <h3 id> <h4 id> <h5 id> <h6 id>
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.

Beitrag teilen

Autorin dieses Blogs

Nerderlei Autorin Anne
Roboter: © Designed by freepik.com

Anne

Seit 1984 ist Anne ein Vollblut-Nerd und ist seit Juli 2018 Autorin des Blogs Nerderlei, bei dem es u.a. um Filme, Videospiele, Comics und Romane der Genres Science-Fiction, Cyberpunk und Fantasy geht, sich aber auch mit Technikneuheiten (z.B. künstliche Intelligenz oder Virtual Reality) und Merchandising-Artikel befasst. Dazu gibt es jeweils Reviews, Blogbeiträge bzw. Meinungsartikel und News. Besonders im Fokus werden dabei u.a. folgende Marken stehen: Disney, Star Wars, Star Trek, Marvel, DC. Weitere Informationen zum Blog oder zum Nerderlei-Werdegang der Autorin findest du hier.

Nerdig sozial oder Social Nerderlei: Jetzt vernetzen!