Meine ersten Gedanken beim Lesen des Klappentextes dieses doch eher ungewöhnlichen Comics waren: "Klaatu... verata... Nekti, Nektarine, Nickel, Nudel. Ein Wort mit N, es war ein Wort mit N!" und "Ash, Haushaltswaren!" Wer jetzt stirnrunzelnd das Display oder den Monitor anstarrt und sich fragt, ob ich irgendwas Verunreinigtes geraucht habe, der ist entweder zu jung, hat schlicht eine große Lücke im Kultfilmrepertoire, sollte dringend aufhören Hasch zu rauchen, oder hat vermutlich auch für die Story des hier rezensierten Comics "Die unfassbare Welt von Barbarkulor" überhaupt kein Verständnis.
Denn "Die unfassbare Welt von Barbarkulor" ist ganz ähnlich aufgebaut wie der 90er Jahre Fantasy-Trashfilm "Armee der Finsternis" und nimmt weder sich selbst noch das Genre ernst, nein, er veräppelt so ziemlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist.
Überblick
Die unfassbare Welt von Barbarkulor - Die Trilogie
1
978-3-966583-96-1
20.11.2020
96
Inhalt: Kurzfassung
Im Wesentlichen kann man die Story sowohl vom erwähnten Film als auch vom vorliegenden Comic wie folgt zusammenfassen: Ein Loser im absolut alltäglichen, langweiligen Alltag, wird plötzlich zum Helden in einer anderen Welt, ist aber im Herzen eigentlich ein ziemliches Ar… ein unangenehmer Typ, der auf das „Heldsein“ an sich wenig Bock hat. Im 3. Teil der "Evil Dead" Reihe "Armee der Finsternis", nimmt Ash die Rolle des widerwilligen Helden ein, im hier vorliegenden Comic heißt der Loser Toni Müller, der durch seinen Fernseher in eine andere Dimension gesaugt und dort schließlich zum Helden "Barbarkulor" wird. Natürlich nur gegen entsprechende, monatliche Vergütung und fest vereinbartem Jahresurlaub. Man muss ja auch von was leben. Schließlich ist die Hauptaufgabe von Barbarkulor Monster und böse Zauberer zu bekämpfen und das ist ein richtiger Knochenjob und kann ziemlich nervig werden.
Der Comic selbst ist aufgebaut wie ein Magazin, das mit vielen erfundenen Werbeanzeigen/Gewinnspielen/Kreuzworträtseln zugepflastert ist und so auch gleich noch das Verlagswesen aufs Korn nimmt. Dass dann die optische Darbietung mit Strichmännchen und krakeliger Handschrift auf einem Collegeblockhintergrund daherkommt, setzt der Fantasy-Comic-Fanzine-Persiflage endgültig die Krone auf. Der Autor und Zeichner des Werks Andre Lux ist bekannt durch seine "Egon forever" Web-Comics und seinem speziellen Humor, den er in den Comicstrips zum Besten gibt. Der Zeichenstil wurde vermutlich schon zu seinem Markenzeichen und zieht sich durch all seine Werke. Und das mit offensichtlich durchschlagendem Erfolg. Der minimalistische Strichmännchen-Stil kommt bei vielen Kritikern scheinbar sehr gut an. Ich habe auch das Gefühl, dass die Strichmännchen-Optik seit geraumer Zeit zu einer Art Trend geworden ist, da es mittlerweile einige Zeichner mit ähnlichem Stil gibt: z.B. erzählmirnix, kriegundfreitag, isfies/islieb etc.
Ich wurde vom Autor angeschrieben, ob ich nicht Lust hätte seinen Comic zu rezensieren und hat mir ein kostenloses Rezensionsexemplar angeboten. Ich muss gestehen, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts von Egon forever oder den anderen Comics des Autors gehört habe und war nach dem Lesen des Klappentextes und Reinschnuppern in die Leseprobe auf der Cross Cult Verlagswebsite sehr neugierig, was mich hier erwarten könnte. Natürlich willigte ich ein und so entstand nun diese Kritik. Vielen Dank an den Autor und den Verlag für die Zusendung des kostenlosen Rezensionsexemplars.
Ich möchte betonen, dass die Kritik absolut unvoreingenommen und unabhängig ist. Der Autor wurde darüber auch im Vorfeld informiert, dass ich ausschließlich Kritiken veröffentliche, hinter denen ich zu 100% stehen kann.
Eindrücke aus dem Comic
Einordnung
Hauptcharakter: Steckbrief
Kritik
Wer von Comics und Cartoons erwartet, dass sie nur hochglanzpolierte, super detailreiche und farbenprächtige Zeichnungen beinhalten, ist bei diesem Comic absolut falsch. Wie bereits erwähnt, ist der Look gelinde gesagt sehr einfach gehalten und zeigt gerade dadurch eine gewisse Originalität. Sie wird sicher nicht jedem gefallen, aber für mich siedelt sie sich im soliden Mittelfeld der mir bekannten Strichmännchen-Kunst an. Nichts Besonderes, aber funktioniert. Man erkennt Gesichtsausdrücke, Gegenstände und auch verschiedene Charaktere oder Kreaturen/Monster. Die Handschrift des Autors ist zwar sehr krakelig, aber passt zum Gesamtkonzept des Comics und fügt sich somit gut ein.
Eingangs erwähnte ich ja, dass man den Plot des Comics durchaus mit dem Film „Armee der Finsternis“ vergleichen kann. Die inhaltliche Qualität des Comics kommt aber leider nicht an den 90er Jahre Fantasy-Trashfilm heran. Die eigentliche Geschichte um den Helden Barbarkulor sucht man in den ersten beiden Teilen der hier vorliegenden Trilogie nämlich vergebens. Hier erhält man lediglich Comicstrips, die eine sehr kurze Unterhaltung oder ein Ereignis darstellen – eine Momentaufnahme im Leben des Helden, aber wenig bis gar keine Kontinuität zu den anderen Comicstrips aufweisen. Der jeweilige Comicstrip endet zwar immer mit „Fortsetzung folgt..“ aber das bleibt immer ein leeres Versprechen. Das finde ich unglaublich schade, denn manchmal schien es, als könnte daraus eine interessante Geschichte werden, aber leider blieb es beim unerfüllten Wunsch. Der Klappentext suggerierte zumindest mir, dass hier eine mindestens einigermaßen fortlaufende Geschichte erzählt wird, und keine losen Episoden. Stattdessen sieht man Barbarkulor sich besaufen, sein „Power-Schwert“ verlieren, mit einem Monster streiten, mit Prinzessin Schneekuchen reden etc. Nie scheinen die Handlungen aufeinander aufzubauen. Sie zeigen lediglich eine Art Rahmenhandlung, um irgendwelche Slapstick-artigen Witzchen zu erzählen. Und hier wären wir leider beim nächsten Punkt: Der Humor. Mir sagte der Humor des Comics leider so gar nicht zu. Ich habe zwar durchaus Sinn für Ironie, Sarkasmus, Parodien und auch Slapstick – aber was ich hier vorgefunden habe, hat mich einfach nicht erreicht. Das zieht sich durch alle Comicstrips und verschlimmert sich in den ständigen „Werbepausen“ zwischen den Comicstrips. Gut, es kann sein, dass ich gerade in der heutigen Zeit manche Witze nicht gut aufnehme und für andere möglicherweise nicht mehr jung genug bin, aber alles in allem wirken die Gags viel zu gewollt und zünden zumindest bei mir überhaupt nicht oder sind einfach nicht lustig. Hier mal ein paar Beispiele von der Seite "Lachen mit Barbarkulor. Gags am laufenden Band!!! Da lacht sogar der Knödelmann! Ulkig bis zum Schluss!":
- Kommt ein Mann in eine Bäckerei und sagt: „Ich hätte gern 101 Brötchen!“ Da sagt der Bäcker: „Halt dein zugewichstes Drecksmaul, du Analschwengel!“
- Fritzchen fragt die Oma: „Oma, wenn ich heute eine 6 in Mathe mit nach Hause bringen würde, was würdest du machen?“ Sagt die Oma: „Dann würdest du Hausarrest bekommen!“ Darauf Fritzchen: „Zum Glück bist du bald tot.“
- Was ist der Unterschied zwischen einem Wal und einer Taube? Ein Wal ist ein Säugetier, das ausschließlich im Wasser lebt und eine Taube ist ein Vogel.
Wer jetzt lachen musste, wird mit dem Comic sicherlich viel Freude haben, mir blieb das leider verwehrt. Ich konnte mir beim Lesen des gesamten Comics inkl. „Werbepausen“ nicht einmal ein Grinsen abringen.
Im dritten und letzten Teil ändert sich die Erzählweise und wir erhalten eine fortlaufende Geschichte, die zwar immer noch von „Werbepausen“ unterbrochen wird, aber eine klare Kontinuität zwischen den Comicstrips aufweist. Das gefiel mir deutlich besser, aber auch hier hat mich der vorherrschende Humor leider nicht erreicht.
Wie eingangs erwähnt, gibt es durchaus viele Kritiker, die offenbar sehr wohl etwas mit dem Humor anfangen konnten und den Comic richtig gut finden. Darunter auch etliche namhafte Comickritiker. Manche vergleichen den Comic auch mit den bekannten MAD-Magazinen. Ich kleines Licht zähle leider nicht dazu. Bei mir konnte der Funke leider nicht überspringen. Das liegt durchaus nicht an der optischen Darbietung, viel eher am für mich nicht passenden Humor, der sich leider durch den ganzen Comic zieht. Letztlich steht und fällt das gesamte Konstrukt des Comics mit dem Humor des Lesers: Passt er nicht zum Humor des Comics, fällt alles wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Schade, Barbarkulor. Ich wäre gerne so richtig eingetaucht in die Dimension X-15, hätte dich gerne auf deinen Monsterjagden begleitet und auch gerne mit dir herzhaft gelacht. Aber all dies blieb uns verwehrt. Und deshalb wirst du fortan dein Dasein im Schrank fristen müssen. Tut mir sehr leid, mit uns beiden wird es nichts – weder in meiner, noch in deiner Dimension. Mach‘s gut, Barbarkulor.
Erzählstil 2
Zeichenstil 3
Geschichte 3
Charaktere 2
Erwartungen erfüllt 3
Gesamtwertung
Alle Darstellungen, die den rezensierten Comic betreffen (Innenseiten, Cover, Charakter etc.):
© Cross Cult, Andre Lux